Die Welt – Über Allermöhe nach London rudern
Für Lokalmatador Seibt ist der Weltcup eine Etappe auf dem Weg zu Olympia 2012
Weltklasse-Veranstaltung ist der Probelauf für eine Hamburger WM-Bewerbung
Das “Projekt London 2012″ läuft für Bastian Seibt bereits seit zwei Jahren. Nach einer Wettkampfpause kehrte er damals in den Rollsitz zurück und riss wieder an den Riemen, bis sich Schwielen bildeten. Dieses Jahr ist für ihn eines, in dem weniger Erfolge im Vordergrund stehen, sondern vielmehr ein gezielter Trainingsaufbau garniert mit einigen hochkarätigen Wettkämpfen. Dass einer davon in seiner Heimatstadt läuft, ist für ihn umso schöner. Die drei Regatten des diesjährigen Weltcups werden in München, Hamburg und Luzern gefahren, neben der Weltmeisterschaft sind dies die wichtigsten internationalen Ruder-Veranstaltungen. Der Weltcup dient vielen Verbänden dafür, auszuloten, wie die einzelnen Bootsklassen im Hinblick auf Olympia personell zu optimieren sind.
Seibt, Hamburgs erfolgreichster Ruderer seit der Jahrtausendwende, geht “zu 99 Prozent” davon aus, dass er für die Welttitelkämpfe, die von Ende August bis Anfang September im slowenischen Bled stattfinden, nominiert werden wird. Er weiß nur noch nicht, in welcher Bootsklasse. Als Leichtgewichtsruderer gibt es kaum olympische Alternativen, denn dort zählen nur der Vierer ohne Steuermann und der Doppelzweier zum Programm. Sechs Athleten zählen momentan zum engeren Kreis deutscher Aspiranten für den Vierer, sodass Seibts Olympiachancen recht gut sind. Dabei verlief der jüngste Auftritt des Vierer ohne in München wenig erfreulich. Mit Seibt an Bord kam das Quartett miserabel vom Start und verlor auf den ersten 500 Metern eine Bootslänge auf die drei Plätze, die zum Einzug in den Endlauf berechtigten. Ein Zwischenspurt führte das Boot wieder heran, doch im Finish fehlten jene Reserven, die die Deutschen bei der Aufholjagd verbraucht hatten.
“Wir konnten vorher nicht genügend zusammen trainieren und hatten einen neuen Mann im Team. Das reichte aus, um im Halbfinale die entscheidende halbe Sekunde einzubüßen”, analysiert der Mann vom Hamburger und Germania Ruder Club. Da kommt das Heimspiel im Wassersportpark Billwerder-Allermöhe gerade recht. Dort trifft sich die globale Elite von Freitag bis Sonntag zu einem Ruderereignis, das es in dieser Güte seit Ewigkeiten nicht in der Hansestadt gegeben hat. Allerdings wird Seibt, bei dem sich 70 Kilogramm auf 1,87 Meter verteilen, die Vierer-Revanche nur vom Ufer aus verfolgen, denn er selbst bildet zusammen mit Lars Wichert vom RC Allemannia einen hamburgischen Zweier ohne Steuermann. Für Seibt ist das Ziel klar: “Erst der Einzug ins Finale und dort ein Platz auf dem Treppchen.” Allerdings wird starke Konkurrenz aus Frankreich, Australien, Kanada und Neuseeland erwartet, womit die Weltspitze fast komplett versammelt wäre.
Da das Leistungsvermögen der Boote im Leichtgewichtsrudern sehr eng beieinander liegt, lassen sich Prognosen nur schwer treffen. Seibt sieht aber leichte Vorteile: “Wir sind hier zu Hause, kennen hier jede Boje, jede Strömung und sogar die Uferflora. Außerdem kommen viele Freunde und Bekannte zum Anfeuern.” Seit elf Jahren betreibt Seibt, der nebenher als Immobilienverwalter arbeitet und einem Abendstudium nachgeht, seinen Sport gleichsam professionell. Seine größten Erfolge erzielte er im Achter, wurde Weltmeister 2003 und 2010, als auch noch der EM-Titel hinzukam. Nun hat er die Londoner Spiele 2012 fest im Fokus, wo idealerweise die Krönung seiner Laufbahn auf dem Wasser erfolgen soll. Bis dahin sind es noch rund 420 Tage, hat der 33-Jährige ausgerechnet.
Der Weltcup in Hamburg ist für Bastian Seibt nur ein Mosaikstein in dem vielförmigen Puzzle, das ganz am Ende eine Olympiamedaille ergeben soll. Insofern dürfte der Weltcup für ihn selbst weniger bedeutsam sein als für die Hansestadt und den Hamburger Sport insgesamt. Handelt es sich doch um eine weitere Referenzveranstaltung im Hinblick auf eine WM-Bewerbung. Finden Revier, Stadt, Organisation und Zuschauerresonanz den Beifall der zahlreichen Gäste und Funktionäre aus dem Ausland, würde das Hamburg sicher helfen beim weiteren Bemühen, alsbald Schauplatz von Ruder-Weltmeisterschaften zu werden. (Werner Langmaack)